Rom im Futur

Rom im Futur

Ein Erinnerungsbuch aus dem Germanikum, Würzburg: Echter-Verlag 2004.

Im Originalton, gelesen von Uwe Postl (in Auszügen).

Kürzlich begegnete ich einem Kollegen, der 1979 zusammen mit mir in das Collegium Germanicum in Rom eintrat.  Schon rein äußerlich schienen wir mehr als verschieden: er mit einer Braveheart-Mähne, ich mit weitgehendem Kahlschlag auf dem Haupt. Dennoch verstanden wir uns prächtig, tauschten uns über die gemeinsamen Jahre aus und stellten fest: Rom hat geprägt. Es hat „in der Wolle gefärbt“, wie es ein Rektor des Kollegs einmal ausdrückte – mich selbst in den sieben Jahren zwischen 1979 bis 1986. Weiterlesen

Maximus Confessor, Vier Centurien über die Liebe

Maximus Confessor (um 580–662) ist einer der großen griechischen Kirchenväter. In den vergangenen Jahrzehnten wurde ihm auch im Westen Aufmerksamkeit zuteil. Attraktiv ist vor allem seine Verteidigung des wahrhaft menschlichen Willens Christi, seine synthetische Kraft, die ihn zu einem Kulminationspunkt verschiedener theologischer Strömungen des Ostens macht, und seine spekulative Tiefe. Doch über Jahrhunderte war Maximus auch als Lehrer des geistlichen Lebens geschätzt und viel gelesen, ein Klassiker der Spiritualität, was auch durch seinen prominenten Platz in der „Philokalie“ zum Ausdruck kommt. Die Achse seines spirituellen Schrifttums bilden die zwei großen Centurienwerke, die „Zwei Centurien über die Gotteserkenntnis“ und deren Grundlage, die „Vier Centurien über die Liebe“. Diese schöpfen stark aus Evagrius‘ praktischer Lehre, setzen aber souverän eigene Akzente und schaffen so ein ausgewogenes Ganzes. Sie legen die Grundlagen des geistlichen Lebens, ja einer christlichen Lebenskunst, auf die dann die „Zwei Centurien über die Gotteserkenntnis“ aufbauen und bis zur höchsten Mystik voranschreiten können. Doch die „Vier Centurien über die Liebe“ sind keineswegs nur Vorstufe zum Eigentlichen. Es ist bestechend, wie klar Maximus auf die Überwindung der Eigenliebe, die mühevolle Arbeit an sich selbst, die Entlarvung von Illusionen und eine liebende Grundeinstellung pocht, ohne die aller Fortschritt nur Heuchelei wäre. Besonders die Nächstenliebe ausnahmslos zu allen Menschen ist ihm der Prüfstein echter Liebe. Bewährung findet sie in der Feindesliebe, die der Bekenner in der Zeit seiner Verfolgung, Gefangenschaft und Folterung selbst unter Beweis gestellt hat. Weiterlesen

Der Archimedes-Komplex

Zur Instruktion der Kleruskongregation „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“

„Störe meine Kreise nicht!“ So soll der Mathematiker und Naturphilosoph Archimedes (ca. 287-212 v. Chr.) einem römischen Soldaten ärgerlich zugerufen haben, der beim Sturm von Syrakus in sein Haus eindrang. Das war sein letztes Wort… Ein römischer Bauer vor dem Erfinder der Kreiszahl Pi, sollte der dem Genie etwas zu sagen haben, nur weil er ein Schwert in der Hand hält? Ähnlich ungehalten haben nicht wenige Kommentatoren auf die Instruktion der Kleruskongregation „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ reagiert. Haben sie nicht über Jahre einen deutschen Sonderweg in Sachen Pfarreireform propagiert? Durften sie nicht ein bisschen stolz sein auf die Quadratur ihrer Kreise, mit deren Hilfe nun „die Pfarrei ganz neuen Typs“, „der große Wurf“, „der Perspektivwechsel“ und manches andere zu Papier gebracht wurde? Weiterlesen

Wohin im Urlaub (2) – Annecy: auf den Spuren der heiligen Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal

Annecy

Eine Reise auf den Spuren von Heiligen verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen. Da verschmilzt der Augen- und gewiss auch manchmal Gaumenschmaus mit der besten Nahrung für die Seele, nämlich dem Vorbild von Heiligen aus Fleisch und Blut. Für wen würde das mehr gelten als den heiligen Franz von Sales (1567-1622), der auf so ansprechende Weise wahre Menschlichkeit mit tiefer Frömmigkeit verband, und die heilige Johanna Franziska von Chantal (1572-1641), die zusammen mit Franz den Orden der Heimsuchung Schwestern gründete, die „Visitation“? Weiterlesen

Post aus Rom für Deutschlands Katholiken – der Papstbrief zum synodalen Weg

„Ceci n’est pas une pipe. – Das da ist keine Pfeife.“ So lautet die Bildunterschrift unter ein typisches Bild von René Magritte von 1929. Doch was ist darauf zu sehen? Ganz unverkennbar – eine Pfeife! Das Bild trägt den Namen „La trahison des images“, also etwa „Der Verrat an den Bildern“. Das Ganze hat einen recht komplexen kunsttheoretischen und semiotischen Hintergrund. Auf der Hand liegt aber eines: Es ist immer Verrat, frech das Gegenteil zu behaupten von dem, was zu sehen ist. Denn man muss nur seine Augen gebrauchen und nicht in ein Bild das hineinlesen, was man im Kopf hat.

Am 29. Juni 2019, dem Hochfest der Apostelfürsten Peter und Paul, hat Papst Franziskus, der Nachfolger Petri, den deutschen Katholiken einen Brief geschrieben. Schon bevor er veröffentlicht wurde, ging der Streit um die Deutungshoheit los. Liest der Papst dem Katholizismus hierzulande die Leviten? Oder bringt er umgekehrt einfach großen Rückenwind aus Rom für den „synodalen Weg“ und das „Anything goes“, das mittlerweile offensichtlich auch den Episkopat erfasst hat? Gibt die Magritte’sche Pfeife hier also bedrohlichen Rauch von sich oder ist sie die sanft einlullende Friedenspfeife? Weiterlesen