Buchvorstellung von „Felapton oder Das letzte Glück“

Spannender Krimi mit philosophischem Hintergrund.
Gebundene Ausgabe: 24,00 € inkl. MwSt.
Verlag Karl Alber 2018.
Gebunden mit Schutzumschlag und Leseband. 408 Seiten.
ISBN: 978-3-495-48866-9
Dieses Glück, diese Seligkeit im Tod, das kommt nicht von selbst…

Inhalt: Am Abgrund der Logik

Fünf junge Männer werden tot in einem Kloster aufgefunden. Fotos von ihren Gesichtern tauchen auf. Sie verstören: Ein letztes Glück liegt auf den Zügen der Toten. Doch diese Bilder lösen ganz unterschiedliche Reaktionen aus. Jack, der Chefredakteur des Day ‘n‘ Nite, will damit viel Geld machen. Kommissar Landolf ebenso wie der zuständige Bischof bleiben skeptisch. Jens, der Fotograf der Bilder, und Julia, die gerichtsmedizinisch am Unglücksort ermittelte, gehen dagegen dem Geheimnis der Toten nach und wirbeln dabei manchen Staub auf. Robert, der Leiter der Klostergemeinschaft und zuvor als brillanter Logiker hervorgetreten, bleibt flüchtig. Professor Brescher, sein ehemaliger Kollege und nun Direktor des Instituts für logische Grundlagenforschung, ist offensichtlich mehr in das Unglück verwickelt, als er zugibt. Im Hintergrund agiert eine seltsame Organisation, die die Fäden zu ziehen versucht. In diese äußeren Verwirrungen verwoben sind innere Verwicklungen: die Mühe mit einem klaren Denken, das Lügen und Intrigen durchschaut, und die Suche nach einem glücklichen Leben, das nicht auf Schein gebaut ist.

Interview

„Felapton“, was ist das? Eine neue Döner-Spezialität?

Ganz so schmackhaft ist das Wort leider nicht. Es handelt sich um einen Begriff aus der Logik und er bezeichnet eine bestimmte Art von Schlussfolgerung. Diese Art hat es in sich: Man kann damit auf hohem Niveau betrügen. Lüge unter dem Anschein der Wahrheit. Und wenn sich eine Schlüsselgestalt des Romans, Professor Frederic Brescher, Felapton als Passwort auf dem Computer wählt, dann lässt das nichts Gutes ahnen. Und schon sind wir mitten drin im Thema: wahr und unwahr, gut und böse…

… und Glück und Unglück!

Vor allem das letzte Glück! Als Motto habe ich über den Roman geschrieben: „Und am Ende wird sie lachen“ – ein Weisheitswort Salomos. Sie, das ist die Weisheit, und sie bewährt sich am Ende. So sagt ja schon das Sprichwort: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten.“ Das nehme ich wörtlich: Fünf junge Menschen kommen tragisch ums Leben, und doch liegt ein geheimnisvolles Lächeln auf ihren Gesichtern. Trotz Tod und Tragik zu lächeln, ist das möglich? Ist das das Glück? Ein Glück, das bleibt? Da haben wir die innere Handlung von „Felapton oder Das letzte Glück“.

Und die äußere Handlung…

… wird nicht verraten!

Dann aber wenigstens die Gretchenfrage: Was ist der Roman denn eigentlich, ein Philosophischer Roman, ein Krimi, ein Thriller, eine Erzählung? Oder eine schlecht verpackte Watschen an alle, denen Sie längstens schon mal eins auswischen wollten?

Das natürlich nicht. Alle Figuren sind wirklich frei erfunden, und auch das Münchener Flair zwischen Polizeidirektion, Schloss Suresnes und Nordfriedhof kam erst, nachdem Personen und Handlung schon im Niemandsland irgendeiner deutschen Großstadt entworfen waren. Nur eine kleine Ausnahme gibt es.

Pfarrer Joseph Kerninger! Das ist nicht schwer zu raten. Man muss nur statt „Kern-“ „Ratz-“ setzen.

Ganz recht. Diese kleine Hommage an den Papa emeritus musste schon sein. Und doch ist auch Kerningers Geschichte frei erfunden, genauer: Sie ist ein Gedankenspiel. Was wäre, wenn das „Drama der Habilitation“, von dem Ratzinger selbst in „Aus meinem Leben“ schreibt, schlecht ausgegangen wäre? Da Benedikt XVI. ein Mann voll des Geistes, des Witzes und der Ironie ist, bin ich mir sicher, dass er an diesem Spiel seine Freude hat.

Was aber der Frage geschickt ausgewichen ist: Ist Felapton ein Krimi oder was?

Spiel mit literarische Formen, Grenzverwischungen, ein bisschen bricolage, das muss schon sein. Krimi, ja, bei fünf unnatürlichen Toden, Gerichtsmedizin und einem Kriminalhauptkommissar gleich schon zu Anfang und im Lauf der 404 Seiten noch vier weitere… Todesfälle noch nicht, aber doch Krankheit, Verschwinden, unnatürliche Demenz und schließlich die giftigste Schlange Italiens auf dem Beifahrersitz. Das darf schon unter Krimi laufen. Nur, die Hauptfrage lautet nicht: Wer war’s?, sondern: Was ist? Und damit sind wir bei der Philosophie. Denn philosophisch, das sind eben die letzten Fragen. Und natürlich ein klein wenig Logik für Anfänger, also die Kunst, richtig zu denken.

Nicht theologisch?

Nein, jedenfalls nicht dick aufgetragen. Eher mit Anspielungen, etwa Roberts Einstand im fünften Kapitel. Er tritt ganz elend auf. Darin kann, wer will, Anklänge an die Passion Jesu hören, etwa beim Kind im Bus, das ihm wie ein Engel in Getsemani vorkommt.

Thriller?

Gewiss. Spätestens wenn diese unheimliche Organisation auftaucht, der es um Macht über die Menschen und Manipulation ihrer Gefühle geht, um eine Beinahe-Allwissenheit, aber auch ums Schillern zwischen Du und Sie und zwischen Mann und Frau.

An wen haben Sie da gedacht?

Die Auflösung überlasse ich meinen Leserinnen und Lesern!

Ist das nicht alles ein bisschen zu phantastisch?

„Zu“? Ich hoffe doch nicht. Aber Literatur hat alle Rechte zur Erfindung. Sie betreibt ja keine öde Videoüberwachung der Realität. Aber wenn Sie am Ende sagen: Phantastisch!, bin ich rundum zufrieden.

Schöner Schlusssatz, aber doch noch eine Neugierfrage: Warum Jens und Julia?

Romeo und Julia konnte ich schlecht wählen, allein schon deshalb, weil ihre Beziehung so ganz anders ist als die des berühmten Paares aus Verona. Und Jens bot sich an, weil es eben so ein typischer Ost-Name ist und wunderbar auf den eigenbrötlerischen Fotografen aus Zwickau passt.

Und Robert oder, wie er auch heißt, Roberto?

Gehen Sie mal die Liste meiner Bücher durch, da finden Sie einen italienischen Robert. Oh, ich merke, das klingt jetzt schon fast wie das nächste Rätsel auf dieser Homepage…!

Hintergrund

Oh, mein Debütroman. Genauer gesagt: Mein erster veröffentlichter Roman. Denn breit zu erzählen habe ich bereits in zartem Alter geübt. Abends beim Zubettgehen, wenn meine kleinen Geschwister und ich sich im Bett mit einer warmen Decke einhüllen und „noch ein bisschen sprechen“ durften. Und das hieß dann eben mehr als einmal: Ich hatte zu erzählen. Natürlich möglichst lange, denn wenn Mutter oder Vater eine Erscheinung machten („Jetzt wird‘s aber höchste Zeit!“), musste die überzeugende Antwort aller lauten: „Erst wenn die Geschichte aus ist!“ Ein bisschen etwas Wohlbehütetes, stets die beste Voraussetzung für schweifende Vorstellungskraft und wohlige Gänsehaut, hat später auch mein Schreiben behalten. Und geschrieben habe ich bereits als Schüler. Da schwärmte ich für Kafka und übte mich darin, wie ein damaliger Prager in prekären Verhältnissen Skizzen von Unterwelterlebnissen und letzten Verhältnissen zu entwerfen. Deo gratias, bei einem meiner vielen Umzüge ist all das mit Mann und Maus untergegangen. Behalten habe ich davon den Sinn für das Letzte, das hinter allem Lebensgewoge zu erkunden ist. All das finde ich in „Felapton oder Das letzte Glück“ wieder, nun, da der Roman abgeschlossen ist: dem Leben auf den Grund gehen – „Das letzte Glück“ ist das Glück am Ende des Lebens, die Seligkeit auf den Gesichtern der fünf Toten, aber auch die Suche nach dem Glück, das einem bleibt, auch wenn ansonsten alles schief geht. Da ist sie denn auch wieder, die warme Decke: das Vertrauen, dass es etwas gibt, das fest steht, das belastungsfähig bleibt und das schon da war, als wir noch klein waren, und bleiben wird, wenn wir einmal im Staube liegen werden. – Ach so, der Plot entwickelte sich von selbst, das war mir wichtig. Also ganz anders als in sorgfältigem Entwurf vorweg, wie es die Schreibschulen vorschreiben. Meine Gestalten sollten vom Verlauf des Geschehens selbst und nicht von meinen ausgedachten Ideen überrascht werden.

3 Gedanken zu “Felapton oder Das letzte Glück

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