Die Auflösung des Osterrätsels
Der Autor des gesuchten Buches ist der hl. Thomas von Aquin, sein Buch ist sein bekanntestes, die „Summa theologiae“ (nicht „ – theologica“), und die Geheimnisse des Lebens Jesu von seinem Kommen in die Welt bis zu seiner Auferstehung, Himmelfahrt und Wiederkunft finden sich im dritten Teil der „Summa“, der Tertia pars, in den Quaestiones (Fragestellungen) III qq. 27-59.
Die drei Gewinner wurden am 11. April 2018 ausgelost – hier im Video festgehalten:
Sie werden in der heutigen Literatur auch gerne als das „Leben Jesu“ oder „Die Geheimnisse des Lebens Jesu“ bezeichnet. Im Wortlaut des Thomas aber genauer: „acta et passa Christi in carne“, also „Das, was Christus in seinem Fleisch getan und gelitten hat“. Dieses „Leben Jesu“ folgt auf die Grundfragen der Christologie des inkarnierten Wortes und besteht aus vier Teilen, die man auch gut mit den Teilen des Kirchenjahres verbinden kann:
- Christi Eintritt in die Welt (Ingressus, qq. 27-39), u.a. auch mit der Mariologie – Advent und Weihnachszeit.
- Christi Wandel in der Welt (Progressus, qq. 40-45), also Fragen des öffentlichen Lebens mit Jesu Lebensstil (Conversatio), Versuchung und Taufe, Unterricht, Wunder und Verklärung – Zeit per annum.
- Christi Fortgang aus der Welt (Exitus, qq. 46-52), also Passion und Tod – Fasten- und Passionszeit.
- Christi Erhöhung (Exaltatio, qq. 53-59), also Auferstehung, Himmelfahrt, Sitzen zur Rechten des Vaters und Kommen zum Gericht – Osterzeit und Pfingsten.
Zuvor in den Quaestiones 1-26 werden Grundfragen der Gestalt Jesu behandelt, die Christologie. Wer diese mit eingeschlossen hat, lag zwar nicht ganz genau, aber seine Einsendung wurde auch als richtig gewertet.
Die Einzelheiten
Noch zu einigen Details aus dem Rätsel:
- Der Wallfahrtsort ist Rom. Ich gebe zu, dass sollte das an sich eher einfache Rätsel ein bisschen schwieriger machen. Denn Rom kommt einem vielleicht nicht gleich als Wallfahrtsort in den Sinn, obwohl die Stadt der hll. Petrus und Paulus und vieler anderer Heiliger zusammen mit Jerusalem und Santiago de Compostela eine der drei großen Wallfahrtsstätten der Christenheit ist.
- Thomas lebte bei den Dominikanern auf dem Aventin in Rom, direkt neben der altchristlichen Basilika Santa Sabina. Noch heute werden ihre uralten Holztüren bestaunt (übrigens mit vielen Szenen aus dem Leben Jesu). Santa Sabina ist der Ort für den römischen Stationsgottesdienst am Aschermittwoch.
- Der liebenswürdig-ironische Vergleich des Thomas mit einem Tier, das nur sehr gelegentlich von sich hören lässt, meint seinen nickname „der stumme Ochse“. Gilbert K. Chesterton bekannte Biographie des Thomas trägt übrigens diesen Namen.
- Der hl. Thomas von Aquin kam 1265 von Orvieto nach Rom in den Dominikanerkonvent und lehrte hier als Magister; dabei begann er auch mit der Abfassung der Summa Theologiae. Bis an sein Lebensende 1274 konnte er sie nicht ganz zu Ende bringen, in unserem Dritten Teil brach seine Darstellung bei der Behandlung des Bußsakramentes ab.
- Thomas starb am 7. März 1274 von Neapel aus unterwegs, nachdem er schwer erkrankt im Zisterzienserkloster Fossanova in Süditalien darniederlag. Er befand sich auf der Reise zum Zweiten Konzil von Lyon (1274). Dieses Ökumenische (d.h. Allgemeine) Konzil behandelte hauptsächlich den Versuch, die Einheit mit der Ostkirche nach dem Morgenländischen Schisma von 1054 wiederherzustellen, und dabei sollte Thomas mit seinen enormen theologischen Kenntnissen und seinem hohen Prestige beitragen. Das Anliegen des Konzils war also in der Tat ein ökumenisches im Sinn der Kircheneinheit. Bei dem Konzil war übrigens Bonaventura in der Vorbereitung federführend.
- Die beiden Prozesse, die man Thomas posthum gemacht hat, könnten unterschiedlicher nicht sein. 1277 hat der Bischof von Paris, wo Thomas viele Jahre an der Sorbonne wirkte, Stephan (Etienne) Tempier, in einem Syllabus von 219 Thesen einige aristotelisch beeinflusste Lehrmeinungen verurteilt, darunter auch solche des Thomas (allerding sein bisschen vorsichtiger, denn dieser war drei Jahre nach seinem Tod schon zu berühmt und geachtet). Formell korrigiert wurde diese Verurteilung 1325 durch den damaligen Pariser Bischof Etienne Bourret. – Beim zweiten Prozess handelt es sich dagegen um sein Kanonisierungsverfahren, das schließlich mit der Heiligsprechung durch Papst Johannes XXII. im Jahre 1323 endete.
- Die Zusage des himmlischen Lohns erhielt Thomas in einer gut bezeugten Audition am Ende seines Lebens. Es war in Neapel zu der Zeit, als Thomas in unserem „Leben Jesu“ die Quaestiones über Leiden und Sterben Jesu in STh III qq. 46-56 schrieb, da hört er beim Gebet frühmorgens in der Kirche St. Nikolaus eine Stimme, die vom Kreuz her kam: „Thomas, du hast über mich gut geschrieben. Was für einen Lohn willst du haben?“ Er aber gab zur Antwort: „Herr, keinen anderen als dich selbst!“
„Thomas, du hast über mich gut geschrieben. Was für einen Lohn willst du haben?“ Er aber gab zur Antwort: „Herr, keinen anderen als dich selbst!“
Die richtigen Antworten und die Gewinner
Auch dieses Rätsel hat wieder ein großes Echo gefunden. Gleich am Anfang gab es viele Einsendungen der Lösung, dann war ein bisschen Flaute, aber dann ging es nochmals richtig zur Sache direkt vor Ostern! Ein Hinweis: Bei einigen eingesandten Antworten hat sich ein Fehler eingeschlichen. Dabei ist mehrmals vom „Bericht über den dritten Teil“, vom „Bericht über den Aufbau des dritten Teils“ o.ä. die Rede. In diesem Bericht sind aber nicht die Geheimnisse des Lebens Jesu abgehandelt, allenfalls gibt er einen Überblick über die behandelten Fragen. Wahrscheinlich haben die Einsender dabei eine alte Überschrift einer deutschen Übersetzung vor Augen gehabt, die nur das kurze Vorwort (Prologus) zum Dritten Teil bezeichnet, denn darin berichtet Thomas knapp, was er in diesem Buch vorhat. Also, knapp vorbei ist auch daneben! Was zeigt, dass man auch bei Tipps von anderen auf jeden Fall noch einmal selbst nachschauen sollte, ob das stimmt. Denn das nächste Rätsel kommt bestimmt, und dann soll es ja klappen!
Der Preis unter den richtigen Einsendungen sind drei Exemplare des neuen Philosophischen Romans: Felapton oder Das letzte Glück (oder nach Absprache ein anderes aus meiner Kollektion). Die Auslosung findet allerdings voraussichtlich erst in der Woche nach Weißen Sonntag statt. Bis dahin also noch ein bisschen Geduld! Am 9. April erscheint auch ein Extra-Blog zu Thomas von Aquin. Denn sicher sind jetzt alle ganz gespannt, auch einmal selber ein bisschen in seinen Schriften zu lesen.
Die Gewinner und Gewinnerinnen werden dann umgehend benachrichtigt. Schon jetzt allen viel Glück! Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.