Lehramt – und wie?

„Fest soll mein Taufbund immer stehn,
ich will die Kirche hören!
Sie soll mich allzeit gläubig sehn
und folgsam ihren Lehren!“ (GGB 808, Ausgabe München und Freising).

So lauten die ersten vier Zeilen des bekannten und beliebten Gelöbnisliedes von Christoph Bernhard Verspoell (1810). Seine unbefangene Kirchlichkeit war der Nachkonzilszeit wohl nicht mehr geheuer. So ist im Gesang- und Gebetbuch ein purgierter Text von Karl Günter Peusquens von 1974 zu finden:

„Fest soll mein Taufbund immer stehn,
zum Herrn will ich gehören.
Er ruft mich, seinen Weg zu gehen
und will sein Wort mich lehren“ (GGB 807).

Nicht falsch, aber eben doch Pointe verpasst: Die Zugehörigkeit zum Herrn entscheidet sich immer auch an der Treue zur Kirche und ihrer Lehre. Grundsätzlich haben wir diesen Zusammenhang in einem eigenen Blog „Lehramt – wozu?“ dargelegt. Er ruft nun aber förmlich nach einer Fortsetzung „Lehramt – und wie?“ Wie also geht man mit den ganz unterschiedlichen Äußerungen des Lehramtes um? Da stehen eine Menge von Einzelfragen zur Klärung an. Wer da nicht genau unterscheidet, überzieht das Prinzip Lehramt und bringt es dadurch in Verruf. Weiterlesen

Lehramt wozu?

Man muss sich schon gehörig die Augen reiben. Was ist das denn? Ausgerechnet in der katholischen Kirche scheint es seit neuestem kein Lehramt mehr zu geben. Priestertum der Frau, Interkommunion, Zusammenhang von Weiheamt und Leitungsvollmacht, Heiligkeit und Bestimmtheit der Ehe, kurz alles, was das Lehramt seit Jahrzehnten nicht müde wird unmissverständlich vorzulegen, gilt in vielen Theologen- und kirchlichen Kreisen bloß noch als eine angeblich schlecht begründete Meinung, die man nicht weiter ins eigene Kalkül einbeziehen muss. Oder genauer: die bloß ins Machtkalkül einbezieht, wobei man darauf hofft, dass die größere Macht allemal die öffentliche Meinung ist, die dem Lehramt schon Beine machen und vor sich hertreiben wird (was ja leider nicht ganz aus der Luft gegriffen ist). Weshalb der Dissens dann auch sofort die Medienöffentlichkeit sucht, anstatt Papst und Bischöfen mögliche Schwächen in der Argumentation im persönlichen Gespräch darzulegen. Darum übrigens auch das Liebäugeln mit einem Dritten Vatikanischen Konzil. Ein Scherzbold würde wohl eher das erste Konzil von Limburg prognostizieren, weil dann ja die wichtigsten Konzilsmacher mit dem Fahrrad und ganz ohne CO2-Ausstoß anreisen könnten. Weiterlesen

George Steiner

George Steiner, Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt? Mit einem Nachwort von Botho Strauß versehen. Aus dem Englischen von Jörg Trobitius übersetzt, München u.a. 1990.

„Von realer Gegenwart (Real presences)“, das lässt den Theologen aufhorchen, ja aufschrecken. Hat er sich nicht seit Jahren alle nur erdenkliche Mühe gegeben, Realpräsenz umzudeuten und abzuschwächen („So kann man das heute nicht mehr sagen!“)? Und da kommt mit George Steiner (1929-2020) ein Literaturwissenschaftler, also ein Nicht-Theologe, daher mit einem „sakramentale[n] Aussageversuch“ (283). Er stellt die These über sein Buch, „daß jede logisch stimmige Auffassung dessen, was Sprache ist und wie Sprache funktioniert, daß jede logisch stimmige Erklärung des Vermögens der menschlichen Sprache, Sinn und Gefühl zu vermitteln, letztlich auf der Annahme einer Gegenwart Gottes beruhen muß“ (13). Einfacher gesagt (und das ist von der ersten bis zur letzten Seite als Verstehensübung dieses überaus dicht und anspielungsreich geschriebenen Buches dringend zu empfehlen), Sprache, Bilder und Musik sprechen an, weil in ihnen Gott nahe ist, der letzte und tiefste Sinn aller Wirklichkeit. Weiterlesen

Rudolf Otto, Das Heilige

Rudolf Otto, Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen. 31. bis 35. Auflage, München 1963

Die Eingebung zu diesem seinem berühmtesten Werk ist dem evangelischen Theologen Rudolf Otto (1869–1937) nach eigener Aussage in einer armseligen Synagoge Marokkos gekommen. Da wurde das Trishagion, der Gesang auf den heiligen Gott, angestimmt, und mit diesem Aufblick zum allheiligen Gott war der Ganz Andere da und alle irdische Niedrigkeit vergessen. Rudolf Ottos Buch „Das Heilige“ von 1917 (kurz nach seinem Wechsel nach Marburg) ist ein Klassiker der Religionswissenschaft, und das zurecht, denn man sollte seine 200 Seiten gelesen haben und beim Stichwort Otto nicht nur die Kurzformel im Kopf haben: Das Heilige = das „mysterium tremendum et fascinosum“. Weiterlesen

Osterrätsel 2020 – die Auflösung

Was’s schwer, war’s leicht? Das Jubiläumsrätsel, das Osterrätsel 2020, begab sich endlich auf das Feld der Bibel, und deutlich erkennbar war: Wer regelmäßig und aufmerksam die Heilige Schrift liest, hatte eindeutig die Nase vorn. Mit diesem Buch der Bücher in der Hand kann man sich allerdings noch an ganz andere Rätsel und Geheimnisse wagen als an das auf dieser Homepage. Sie führt uns in die letzten Geheimnisse Gottes und der Welt ein, und zwar nicht einfach, um sie zu knacken, sondern um in ihnen zu leben, um uns ihnen anzuvertrauen und darin ein neues Licht auf alles zu erhalten. Einfacher gesagt: Leser und Leserinnen mit gläubigen Augen gesucht! Doch genug der Vorrede, hier nun die Auflösung: Gesucht war der Vers auch Hiob 19,25:

Doch ich, ich weiß: Mein Erlöser lebt, /

als Letzter erhebt er sich über dem Staub. Weiterlesen