Weihnachtsrätsel 2022

Die fruchtbarste Ökumene ist wohl doch die echter Frömmigkeit, der Austausch über die Gaben des Gebetes, der Betrachtung und der Liebe zum Herrn. Und die schönste Ökumene ist sicher die der Kunst. Bei Bachs Weihnachtsoratorium fragt die Ergriffenheit nicht nach der Konfessionszugehörigkeit, und gregorianischer Choral gibt auch den nüchternsten Reformierten einen heiligen Schauer. Was also liegt näher als das christliche Fest, das am meisten die Künstler angezogen hat, Weihnachten, wieder mit einer Musikfrage zu ehren? Aber keine Angst, dieses Mal geht es nicht in die hintersten Flure eines Musikarchives. Gesucht ist vielmehr ein populäres Weihnachtslied, das schon bald nach seinem ersten Erscheinen sogar in Indien von christlichen Schulkindern gesungen wurde. Kein Wunder, denn Melodie und Text gehen wirklich zu Herzen. Zugegeben, zu seiner Verbreitung trug auch die Originalsprache bei. Aber was die Ökumene angeht, so stellt das Lied eher einen Härtetest dar, wurde es doch von Anfang an als Weihnachtslied Luthers angegeben, das er für seine Kinder geschaffen haben sollte. Das ist zwar völlig unhistorisch, aber es sollte zu seinem runden Geburtstag wohl das Bild des Reformators als gefühlsinnigem Familienmenschen verklären. Der Text hat aber nichts, worin nicht Christen aller Konfessionen aus voller Überzeugung einstimmen könnten. Irgendwelche theologischen Beckmesser wollten zwar aus der Zeile, dass das Jesuskind in der Krippe vom Muhen der Kühe aufwacht, aber nicht schreit, seinen sogenannten Doketismus beweisen, d.h. dass Jesus nur zum Schein Mensch geworden sei, denn ein richtiges Kind schreit doch. Aber doch nicht immer! Soviel zur Qualität mancher theologischer Argumente… Oder stießen sich die Zensoren daran, dass das arme Jesuskind als „Herr Jesus“ bezeichnet wird?

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Wie populär das Lied dagegen ist, lässt sich sogar bei Mr. Bean erkennen. Im (ein bisschen arg britischen) Weihnachtssketch dieses Komikers ohne Worte klopft unser Lied in glasklaren Kinderstimmen sogar an seine Tür. An Kinder hat der unbekannte Autor des Liedtextes wohl auch gedacht, denn am Ende bitten die Kinder um den Segen des göttlichen Kindes, das jetzt in zärtlicher Sorge vom Himmel auf sie herabschaut.

Aber nun noch ein paar Hinweise zur Lösung (natürlich waren auch bisher schon einige Spuren gelegt).

  • Luther – also „Vom Himmel hoch“? Nein, die Originalsprache ist wie gesagt nicht Deutsch, aber in deutschsprachigen Ländern dürfte mittlerweile bald jedes Kind nicht nur in der Schule diese Sprache lernen.
  • Schon im Titel des Liedes taucht die Krippe auf. Mit ihr musste Jesus Vorlieb nehmen, weil kein Bett für den Neugeborenen bereitstand, um sein „süßes Haupt“ darauf zu betten. Zuerst schläft er, doch dann wacht er wie gesagt vom Muhen auf.
  • Manchmal trägt das Lied seltsamerweise einen in Deutschland sehr verbreiteten Namen als Titel, allerdings mit ue statt ü geschrieben. (Andernorts heißt es schlicht „Krippenlied“.) Das mag auch damit zusammenhängen, dass im Ursprungsland des Liedes deutsche Einwanderer wichtige Importeure von Weihnachtsbräuchen und -liedern waren. Dazu gehörte auch der Kindergesang an den Haustüren, Weihnachtsgeschenke, Christbaum und Weihnachtsschmuck und eben auch Krippen, vor denen man betete und sang.
  • Melodien gibt es zwei recht verschiedene, wobei die eine von einem Komponisten mit den Initialen WJK stammt.
  • Die Entstehungszeit liebte die Vorstellungen vom trauten Heim und vom unschuldigen Kind ganz besonders, und die damals fast überall eingeführte allgemeine Schulpflicht schuf einen enormen Bedarf an Texten und Liedern mit pädagogischem Anspruch für Kinder – da macht auch unser Lied keine Ausnahme. Die dritte Strophe wurde erst etwas später gedichtet und verdankt ihren Ursprung einem Schulaufseher, und so dürfen darin die Kinder selbst Jesus bitten, ihm nahe zu bleiben und sie für den Himmel bereit zu machen.
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Das hört sich alles jetzt schon beinahe etwas pedantisch an. Höchste Zeit, das Lied selbst anzuhören (oder gleich wenigstens ab der zweiten Strophe schon mitsummen zu können)! Bleibt nur die kleine Frage: Wie heißt das Lied (entsprechend den ersten vier Worten)?

Wer die richtige Antwort gefunden hat, möge sie einsenden an: andreas.wollbold@lmu.de. Bitte, möglichst auch gleich die Adresse angeben! Sie wird nur verwendet, wenn jemand den Preis gewonnen hat. Welchen? Zu Weihnachten wollen wir wieder etwas großzügiger sein und meine Neuausgabe der „Geschichte einer Seele“ der hl. Therese von Lisieux verlosen -aus bestimmten Gründen ein besonders passender Preis! Einsendeschluss ist der 6. Januar 2023 um 24 Uhr. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Weihnachtsrätsel 2021 – die Auflösung

Hier die Auflösung des Weihnachtsrätsels 2021. Die Preise sind inzwischen ausgelost und die Gewinner verständigt. Ja, typische Weihnachtsmusik ist das

Album für die Jugend

von Robert Schumann (op. 68 von 1848) wirklich nicht. Immerhin sollte es einmal „Musikalisches Weihnachtsalbum“ (Skizzenbuch) oder auch „Weihnachtsalbum für Kinder, die gern Klavier spielen“ (Projectenbuch) heißen, nämlich als ein Weihnachtsgeschenk an die Kinder. 43 kürzere Stücke für Klavier enthält es, darunter Schlager wie „Wilder Reiter“ (8.), „Fröhlicher Landmann, von der Arbeit zurückkehrend“ (10.) und „Knecht Ruprecht“. Weiterlesen

Weihnachtsrätsel 2021

Weihnachtsmusik ist es nicht gerade, was im diesjährigen Weihnachtsrätsel gesucht ist. Eher schon etwas aus der Jugendszene, wie man in Anspielung auf ein sehr viel früheres Werk des gleichen Komponisten sagen könnte. Aber immerhin, ursprünglich hat er für unsere Sammlung kurzer Stücke von einem Weihnachtsalbum gesprochen. Der heutige Titel des Werkes ist in diesem Rätsel gesucht, aber er kam erst später auf Anraten des Verlegers zustande. Also keine Weihnachtsmusik, nicht einmal religiöse Musik, es sei denn, man will nicht im großen Streben nach einer künstlerischen Verzauberung der Welt, die ihm und seiner Zeit am Herzen lag, selbst schon etwas Religiöses erblicken. Und Familie, Häuslichkeit und Kinder entdeckte seine Zeit so recht als Hort einer höheren, reineren Welt in beinahe religiösen Tönen. Schaut man das Werk also religiös an, so wird man doch auch wieder fündig. Ziemlich am Anfang und ziemlich am Schluss erscheint ein Choral, in verschiedenem Schwierigkeitsgrad bearbeitet. Ganz zu schweigen von einem seiner populärsten Stücke daraus, das dann doch Eingang in manche Sammlung von Weihnachtsmusik gefunden hat. Ihre thematische Idee stammt aus dem Advents- und Weihnachtsbrauchtum, aber – vielleicht ein selbstironisches Indiz, dass allzuviel Gefühlsduselei der komplizierten Psyche des Komponisten eher auf den Geist ging – die Musik ist alles andere als sanfte Säuselei im milden Kerzenschein. Weiterlesen

Himmelbett und Höllenlärm

Wumm, wumm, wumm. Im Innenhof unten feierten sie Hochzeit, tief in der Nacht. Prominentenhochzeit im Hotel Holy Palace. Längst eine Party. Die Reflexe von Discokugeln warfen einen irren Rhythmus an die Decke seines Zimmers. Tat sich der Himmel auf, und das Jüngste Gericht war bereits in vollem Gange? Auf Erden unten verdoppelte sich jedenfalls alle zehn Minuten die Lautstärke. Nur dass nicht Posaunenengel schmetterten, sondern die Lautstärkeregler eines DJ’s hochgefahren waren, dazwischen kehlige und zischende Laute der gut hundert Gäste. Reden, sich unterhalten, freundlich scherzen, das war von diesem akustischen Inferno längst verschlungen worden. Seine Hand krampfte sich am Bettrand fest. Tu irgendetwas, egal was! Das Fenster schließen? Die dumpfen Bässe brachten auch dann noch Walter Hanselers Bett zum Beben, selbst über den Abstand von vier Stockwerken hinweg. Außerdem wurde die Zimmerluft in dieser römischen Spätsommernacht dann zur stickigen Bleilast. Zerschlagen und müde nach der Anreise heute Nachmittag, hatte er sich erst einmal nur aufs Bett gefreut. Doch wie sich bei diesem Höllenlärm entspannen, wie wegdämmern? In seiner Verzweiflung hatte er schon zweimal kalt geduscht. Das wirkte immer nur für Minuten, dann trat ihm schon wieder der Schweiß aus den Poren. Die Klimaanlage? Sie war ein Witz. Egal wie man am Regler drehte, sie lief immer auf Minimum.

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Traumurlaub? Albtraumnacht? Mit diesen Sätzen beginnt mein neuer Krimi „Holy Palace“. Er spielt in und rund um ein Hotel mit dem vielsagenden Namen „Holy Palace“. Ihn verdankt es seiner Vorgeschichte als Zentrale einer großen katholischen Laienbewegung. Walter Hanseler, ehemaliger Priester und ordentlich an den Flügeln gestutzer Germaniker, Selbstzweifler und Detektiv wider Willen, hat sich für eine Woche hier einquartiert. Weil der Höllenlärm ihn nicht schlafen lässt, will er sich an der Rezeption beschweren. Seinen Groll wird er dort nicht los, dafür stolpert er auf dem Flur über einen zu Boden gestürzten Priester. Hat er auf der Hochzeitsfeier viel zu viel getrunken? Braucht er Hilfe? Nein, er will sich selbst bis in seine Wohnung schleppen. Aber die Beichte abnehmen, das muss ihm dieser Deutsche. Und dann sagt er nur ein Wort: „Grazia“. Anderntags stellt sich heraus, er ist noch in dieser Nacht gestorben. Rätsel über Rätsel türmen sich auf, bald kommen auch Lügen und Geheimnisse ans Tageslicht, und ehe Walter es sich versieht, deckt er manches Unheilige hinter der heiligen Fassade auf. Bis er am Ende aber in einer Art Predigt in der Kirche Santa Susanna vor Dutzenden von Beteiligten und Verdächtigen die Wahrheit ans Licht bringt, stolpert er noch über manche ganz römische Typen: eine kluge, aber von Ängsten verfolgte Migrantin aus Äthiopien, einen amerikanischen Alles-Könner im Dienst des Kleruskongregation, eine unverwechselbare Kaffeebar, Treffpunkt für ganz normale Römer, eine heiligmäßige Assistentin der Laienbewegung mit verschlossenen Lippen und viele andere. Walter begibt sich an Highlights der Stadt wie den Kapitolsplatz ebenso wie an kuriose Orte, etwa das „Museum der armen Seelen“. Alle Orte sprechen zu ihm und bringen ihn der Lösung des Falls näher und näher…

Der römische Krimi Holy Palace wird ab 5. Juli in den Buchhandel ausgeliefert.

Sören Kierkegaard

Sören Kierkegaard, Einübung im Christentum und anderes. Hg. von Walter Rest, München 1977

Wenn Christen heute von Jesus Christus sprechen, dann tun sie dies wie von selbst meistens in der Vergangenheitsform: „Jesus hat sich für die Armen eingesetzt. Er lebte ganz für andere.“ Ebenso hat die heutige Theologie diesen Ursprung konsequent historisiert. Die Geschehnisse des Neuen Testaments sind Ereignisse, die 2000 Jahre zurückliegen und die man mit viel Scharfsinn der Leben-Jesu- und Urchristentumsforschung einigermaßen zu rekonstruieren versucht. Doch am Ende erscheint der Anfang oft nur umso mehr fern und fremd. Weiterlesen