Gut ist es, zu beten und zu fasten, barmherzig und gerecht zu sein (Tob 12,8)
Fasten, wie es dem Herrn gefällt
„Liebe geht durch den Magen.“ Wie wahr! Auch die Liebe zu Gott. Die zeigt man, wenn man etwas Schönes für ihn tut. Zum Beispiel Fasten. Fasten – was ist das? Wie geht das? Welche Möglichkeiten gibt es?
1. Fasten ist der zeitweise Verzicht auf Speisen und Getränke um Gottes willen. Das schließt natürlich nicht aus, dass man’s auch für die Gesundheit, für die schlanke Linie, für den Tierschutz oder gegen die Ebbe im Geldbeutel tut. Das ist ja gerade der Trick beim christlichen Leben: Man denkt, man tut um Gottes willen etwas Schweres, und dabei wird einem das Leben am Ende leichter. Und das ewige Leben gibt’s dann noch gratis hinzu. Wenn das kein Ansporn ist!
2. Echtes Fasten bedeutet also nichts essen über eine gewisse Zeit – also eine einzelne Mahlzeit zu überschlagen oder auch bis zu einigen Wochen auf Nahrung verzichten. Wie das gesund geht und sogar gesund macht, dafür gibt es tausend Ratgeber (und im Zweifelsfall den lieben Onkel Doktor). Vom Verzicht aufs Trinken rate ich ab, auch wenn die alten Mönche das etwa gegen die ungeordnete Begehrlichkeit sehr empfohlen haben, sozusagen als Radikalkur. Ebenso taugt aber auch das Fastenbier nicht als Nahrungsersatz; wir können es uns heute gar nicht mehr leisten, tagsüber leicht „angetüddelt“ unserer Arbeit nachzugehen. Besser sind Mineralwasser und Tees (auch zum Warmbleiben).
3. Für dieses echte Fasten gibt es ein paar Spielarten.
• Klassiker ist die Fasten-Zeit, also von einigen Stunden bis zu einigen Wochen nichts Festes zu sich nehmen. Die große Lösung also. Wer’s richtig anstellt, hat nach ein paar Anfangsschwierigkeiten meistens gar kein heftiges Hungergefühl mehr, ist wacher, konzentrierter und feinfühliger. Leib und Seele werden gereinigt. Aber das ist natürlich nichts für jedermann („und wir nehmen’s ganz genau, auch nicht für die Jederfrau“): Bei dem einen spielt der Kreislauf verrückt, beim anderen passt es nicht ins Berufs- oder Familienleben und der dritte (mich eingeschlossen!) ist eben doch eher ein Fasten-Hasenherz.
• Für letztere gibt es auch die Fasten-Zeit mit Maß. Da reduziert man die tägliche Essensmenge („Hurra!“, rufen jetzt die Ernährungsberater und Diätköche). Klassisch heißt das: Eine sättigende Mahlzeit am Tag (da natürlich keine doppelte Ration oder Fettgebackenes bis zum Abwinken) und ansonsten nur eine kleine Stärkung. Variation: FDH („Fr… die Hälfte!“), nur ein bisschen eleganter, z.B. Low-Carb (Kohlenhydrate reduzieren, etwa mit dünneren Brotscheiben oder Pasta aus Zucchini) oder hauptsächlich mit Salat und Gemüse auf dem Tisch. Das kann so ziemlich jeder, man muss es nur wollen. Die katholische Kirche schreibt dieses Fasten an zwei Tagen im Jahr von, am Aschermittwoch und am Karfreitag. Aber es bietet sich auch für die Freitage an, besonders die in der Fastenzeit.
• Der letzte Schrei ist „intermittent fasting“. Das ist periodisches Fasten, also etwa jeden zweiten Tag, einmal in der Woche oder jeweils von abends bis zum Nachmittag des Folgetages. Christlich gesehen ist auch das ein alter Hut. Da kennt man etwa das Fasten am Freitag (und zusätzlich eventuell auch Mittwoch) oder das Non-Fasten, also den Verzicht auf Nahrung bis zur Non, dem Gebet der neunten Stunde (15 Uhr), und traditionell Dutzende von besonderen Fasttagen, etwa am Vortag großer Feste.
4. Die Wohlstandsgesellschaft hat das Luxus-Fasten entdeckt, d.h. den Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol, Kaffee, Schokolade, Snacks und Nikotin. Das geht praktisch immer, es kostet nichts als die Überwindung (die ist allerdings manchmal erstaunlich groß: ein Zeichen, dass etwas schon unterwegs irgendwo zwischen guter Gewohnheit und Sucht ist), und am Ende freuen sich die Haushaltskasse und der Bruder Leib miteinander. Sinnvoll ist das über eine längere Zeit, so die vierzig Tage der Fastenzeit. Nur zu verzichten zwischen diesem und dem nächsten Glas wäre dagegen eher ein müder Scherz. Auto-Fasten, Verzicht auf Fernsehen oder Internet, auf Plastik oder genveränderte Produkte ist löblich, aber eigentlich schon jenseits des eigentlichen Fastens.
5. Fasten wird religiös durch die rechte Absicht, also Gott zuliebe. Man kann das auch verbinden mit einem bestimmten Anliegen, z.B. dem Gebet um eine erfolgreiche Prüfung, die Heilung von einer Krankheit, das Ende des Bürgerkrieges in Syrien, in Zeiten der Trauer, während Exerzitien oder natürlich für geliebte Menschen. Ein wirksames Mittel ist Fasten auch, um wichtige Entscheidungen wie Ehe oder Priestertum vorzubereiten und dafür den Geist zu reinigen oder sich auf ein großes Fest einzustimmen. Dann bietet man Gott das Opfer an, das für einen der Verzicht auf Nahrung bedeutet, und bittet ihn um Erhörung. Wie gesagt, das schließt nicht aus, auch andere Absichten damit zu verbinden, wenn diese nur gut sind. Also Gesundheit, Aussehen oder Verbundenheit mit den Armen der Welt ja, aber Zurschaustellung der eigenen Tugend, Herabschauen auf die Versager, die das nicht fertig bringen, oder diejenigen ein bisschen ärgern wollen, die einem die Speisen bereiten – nein! „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, ich sage euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten“ (Mt 6,16). Fasten ist in sich gut, und darum ist es am besten, wenn es diskret geschieht und nicht an die große Glocke gehängt wird. Das bedrängt andere nur und wirkt, als wollte man ihnen ein schlechtes Gewissen machen in einer Sache, die allein der persönlichen Wahl jedes Einzelnen unterliegt. Also im Verborgenen, um Gottes willen, und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten (Mt 6,18) – sonst ist der ganze Gewinn dahin, und am Ende schreibt man nicht einmal eine schwarze Null.
6. Doppelt wertvoll in den Augen Gottes ist ein Fasten, das ich Gott mit einem Gelübde verspreche, also z.B.: „Ich gelobe, in dieser Fastenzeit keinen Tropfen Alkohol zu mir zu nehmen.“ Dann liegt der Wert nicht nur im Fasten selbst, sondern auch im Versprechen und in der Treue bei der Ausführung. Kehrseite der Medaille: Wenn ich mein Versprechen breche, ist das Gott nicht gerade wohlgefällig. Also: „Darum prüfe, wer sich ewig – oder auch nur für eine Fastenzeit – bindet!“ Etwas anderes ist die Klugheit in der Ausführung, gleich ob mit oder ohne Gelübde. Da hat mir jemand mit viel Liebe eine wunderbare Nachspeise bereitet, und beim ersten Happen stelle ich fest: Da ist ja ein Likör drin! Dann also bitte nicht ausspucken oder nicht mehr weiteressen! Rücksicht und Nächstenliebe zählen hier mehr als Prinzipientreue. Klug ist es außerdem, nicht andere unter meiner Tugend leiden zu lassen, also z.B. zu vergessen, an fremden Tischen vorher Bescheid zu geben, worauf ich verzichte.
7. Fasten sollte eingebettet sein in ein umfassendes religiöses Leben. „Gut ist es, zu beten und zu fasten, barmherzig und gerecht zu sein“ (Tob 12,8). So kann man während der Zeit, in der man normalerweise eine Mahlzeit einnehmen würde, eine Gebetszeit halten, oder das ersparte Geld Bedürftigen spenden.
8. Fasten fällt gemeinsam leichter. Der gegenseitige Ansporn, die Verabredung oder auch die Erinnerung durch SMS oder Anruf, vielleicht auch das regelmäßige Treffen mit Gebet und einer Tasse Tee in einer Fastengruppe hilft durchzuhalten und sogar Freude daran zu entwickeln. Umso wichtiger ist es, niemanden dazu zu drängen. „Gerne mache ich mit“, ist Voraussetzung, sonst hat man den Nörgeler schon gleich mit im Boot.
[Dieser Text kann mit Nennung des Autorennamens „Andreas Wollbold“ auch in Pfarrbriefen, in Kirchenzeitungen oder auf Flyern o.ä. abgedruckt werden. Gerne kann er auch als Anregung für Predigten, Vorträge usw. dienen.]
2 Gedanken zu “Fasten – aber wie?“