Osterbeichte – Frühjahrskur für die Seele
Frühjahrskuren für den Leib – und für die Seele
Woran scheitern die meisten Vorsätze fürs Neue Jahr? Ganz einfach, am falschen Zeitpunkt. Mitten im Winter etwas neu anzupacken ist wie einen Hund hinterm Ofen hervorzuholen. Das ist nur mit Zerren und Blutwurst möglich. Das kann ja nichts werden. Aber im Frühjahr, da wird alles anders. Das wissen schon die Hormone. Wenn die Tage spürbar länger werden, die Sonne kräftiger scheint und die ersten Frühblüher bunte Farbtupfer ins Grau des Gartens zaubern, ist der rechte Zeitpunkt gekommen zur Frühjahrskur. Schlacken werden ausgeschieden, Gifte entsorgt, Säuren neutralisiert, Pfunde abgebaut, der Müdigkeit vorgebaut und neue Kräfte getankt. Was sich über Monate angesammelt hat, muss raus. So jedenfalls die Naturheilkundler mit guten Gründen. Wirkt garantiert (oder zumindest beinahe!).
Die Kirche besitzt die Weisheit des Heiligen Geistes. Über zwei Jahrtausende ist daraus eine Menge an Menschenkenntnis gereift. Auch für Frühjahrskuren. Die gibt es eben nicht nur für den Leib, sondern auch für die Seele. Ihren Gläubigen legt sie die Osterbeichte nahe, also dem Empfang des Bußsakramentes vor Ostern. Es wirkt wirklich, garantiert. Das sagt nicht nur Doktor Buchinger. Gott selbst steht für die Wirkung eines Sakramentes ein, und er kann nicht lügen und betrügen: Wen ein Priester von seinen Sündern losspricht, dem sind sie vergeben. Ganz und für immer. Und völlig ohne Nebenwirkungen.
Was ist so weise an diesem Ratschlag? Ostern ist der geistliche Frühling des Christen. Wir feiern Leiden, Tod und Auferstehung Christi. Das ist die große Wiedergeburt aus dem Dunkel von Sünde und Tod. Sie ist für das christliche Leben so notwendig wie der Atem. Aber diese geistliche Jahreszeit kann den gegenteiligen Effekt hervorrufen, eine Frühjahrsmüdigkeit der Seele. „Was, ich soll’s mit frischem Mut anpacken? Nein danke!“ Alles wird einem zu viel. Man fängt an zu maulen und zu murren und sagt am Ende dem lieben Gott: „Lass mich doch einfach in Ruhe! Du brauchst mich nicht und ich brauche dich nicht.“ Da zeigen sich die Schlacken in der Seele, ihr langsam wirkendes Gift. Wenn man loswird, führt es irgendwann den Tod der Seele herbei.
Jetzt aber die Frühjahrskur für die Seele. Das ist die Beichte. Christus hat sie den Christen geschenkt, weil er weiß: Es gibt Gift, und davon bleibt keiner verschont. Es muss raus – und es kann raus. Er ist der göttliche Arzt, der mit einem einzigen Wort alles Schädliche aus der Seele ziehen kann. In seinem Namen spricht der Priester: „So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Vom gleichen Moment an kann die Seele wieder frei atmen. Allen Ballast, alle Schlacke ist sie los. Stattdessen pulsiert die Gnade wieder frisch und munter, als wäre man ein frischgetaufter Säugling. Nach der Beichte ist man ein verwandelter Mensch, wie neugeboren – manchmal merkt man das regelrecht. Also, irgendwann vor Ostern muss das einfach sein: eine gute Beichte. Ob die allgemeine Müdigkeit des Christentums nicht von den vielen inneren Schlacken kommt, die wir Jahr um Jahr ansammeln und von denen wir uns niemals reinigen?
Sünden, Schlacken und Gift für die Seele
Schlacken, Gift, was ist das bei der Seele? Sünden. Also etwas tun, was Gott nicht gefällt. Lässliche Sünden trüben das Verhältnis zu ihm, Todsünden zerreißen das Band zu ihm ganz. Sünden – das Wort kommt einem vielleicht altmodisch vor, aber die Sache kennt jeder. Man kann ihre Wirkung nämlich regelrecht spüren. Es ist wie bei einer Anämie, wodurch das Blut immer weniger Sauerstoff aufnehmen kann. Der Atem wird vielleicht sogar immer schneller und hektischer, und doch alle Organe werden schlaff. Der innere Mensch fühlt sich müde und erschöpft, auch wenn er noch gar nichts geleistet hat. Genauso mindert schon jede lässliche Sünde die Aufnahmefähigkeit für Gott. Das Leben ist nicht mehr von seiner Gnade durchflutet. Gott ist die Quelle des Lebens, aber die Seele hält immer schwerer die Verbindung mit ihm. Infolgedessen fällt ihr jetzt jede Anstrengung schwer, sie wird allmählich kalt und bitter. Nach außen hin wird das oft kompensiert. Da spielt einer der Bruder Lustig, da ist einer immer busy, busy, da sammelt einer friends und followers, aber man merkt, er ist nur ein übertünchtes Grab.
Und das sind nur die kleineren Sünden, die sogenannten lässlichen Sünden. Sie schwächen das innere Leben, aber sie zerstören es nicht. Schon dafür lohnt sich aber die Frühjahrskur Beichte. Denn wer will sich auf Dauer schon kurzatmig durch’s Leben schleppen? Und weil das so schwer fällt, ist die Gefahr groß, irgendwann ganz aufzugeben. Dann ist die Beziehung zu Gott ganz erkaltet. Das kann ganz allmählich geschehen, ohne dass man es recht merkt. Es kann aber auch in einem einzigen Augenblick passieren: durch eine schwere Sünde. Sie heißen darum Todsünden, weil sie der Seele nicht erst allmählich das Gift einträufeln, sondern einer ganz plötzlich, in einem einzigen Augenblick vollständig von Gott getrennt ist. Das geschieht immer da, wo er bei einer schwerwiegenden Sache bewusst Gottes Gebot übertritt. Dazu kann man die Zehn Gebote zu Rate ziehen und sich damit den Spiegel vorhalten (im Gotteslob 29,6). Also zum Beispiel Lüge, Diebstahl, schwere Vernachlässigung oder Verachtung der Eltern, Ehebruch und Sex außerhalb der Ehe, Missachtung des Sonntags oder Gotteslästerung. Da hilft dann auch alle Frömmigkeit nichts mehr, man hat sich von Gott getrennt. In diesem Fall rät die Kirche nicht bloß zur Beichte, sie verlangt sie auch – in meinem Interesse. Denn da geht es um Leben oder Tod der Seele.
Beichte praktisch
Praktisch: Wie kommt man am einfachsten an diese Frühjahrskur Osterbeichte? In allen größeren Stadtkirchen und in vielen Klöstern werden feste Termine angeboten. Man findet sie im Internet, in kirchlichen Informationen und an der Info-Tafel hinten in der Kirche. Auch viele Pfarreien haben feste Beichtzeiten. Da kann man ohne Voranmeldung kommen. Natürlich kann man auch mit einem Priester des eigenen Vertrauens einen Termin ausmachen, besonders wenn man in einem Beichtgespräch ausführlicher über die eigenen Sünden sprechen will.
Die Form ist ganz einfach: Der Priester begrüßt einen, spricht ein Gebet und lädt dann ein, die Sünden zu bekennen. Da muss man auch nichts lange dazu erzählen, sondern schlicht und ohne Umschweife aufzählen, was man getan hat. Nach einem kurzen Rat und einer Buße (meistens einem Gebet) kommt der Höhepunkt: Der Priester spricht von den Sünden los. Dann entlässt er einen mit einem guten Wunsch, und draußen betet man still für sich, dankt und spricht das Gebet, das man vielleicht zur Buße aufgetragen bekommen hat (ausführlicher im Gotteslob 594).
Da muss man also kein Experte sein. Selbst wer noch nie gebeichtet hat, kann’s gar nicht falsch machen. Wichtig ist nur, sich gut vorzubereiten:
• eine gründliche Gewissenserforschung, um möglichst alle Sünden zu erkennen und dann auch in der Beichte zu nennen,
• Reue und Vorsatz, d.h. der klare Entschluss: „Das alles war falsch. Ich will mich ernsthaft bemühen, es nicht wieder zu tun, und dazu will ich auch die nötigen Maßnahmen ergreifen.“
Wie war das bei den Frühjahrskuren? Die hundert besten Kuren im Internet vergleichen, alle Kundenbewertungen lesen und dann doch nichts tun – das hat noch keinem geholfen. Also, just do it!
[Dieser Text kann mit Nennung des Autorennamens “Andreas Wollbold” auch in Pfarrbriefen, in Kirchenzeitungen oder auf Flyern o.ä. abgedruckt werden. Gerne kann er auch als Anregung für Predigten, Vorträge usw. dienen.]
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