Sommerrätsel 2018 – die Auflösung

Die Auflösung des Sommerrätsels lautet:

Cornelia und Gustav.

Die beiden sind die Hauptpersonen der kurzen Erstlingserzählung von Adalbert Stifter (1805-1868), „Der Condor“ (1840, überarbeitet 1844, auch mit K geschrieben). Ängstlich-fasziniert beobachtet darin Gustav die heimlich angebetete, zu seinem Bedauern aber schrecklich emanzipierte Cornelia, die den Mut hat, bei einer damals überaus populären Ballonexpedition zweier Engländer dabei zu sein. Doch als der Ballon eine solche Höhe erreicht, dass der Anblick der Erde sich von der vertrauten Gestalt zu dem eines unheimlich-distanzierten, kalten Planten verwandelt, kann sie es nicht mehr ertragen, und die Expedition muss abgebrochen werden. Cornelia durchlebt eine Krisis der Krankheit. „Seit sie genesen, ist sie gut und sanft“, heißt es schließlich von ihr, aber was das bedeutet, darüber streiten sich die Gelehrten. Welteroberung ist nichts für die Frauennatur, die nur fürs Häuslich-Sanfte taugt? Stifter als Reaktionär? Nun, die Geschichte geht hier ja noch weiter. Unvermeidlicherweise kommt es zu einer etwas eigenartigen Liebeserklärung beider – Gustav musste sich seine Geringschätzung Cornelias erst einmal gründlich gönnen – und zu einem noch eigenartigeren Liebesbeweis des Mannes: Er fühlt sich nun zum wahren Künstler wachgeküsst und muss in die Welt hinaus, um sich Cornelias Liebe zu verdienen. Nur, Schönheitsfehler für den Maler!, er kehrt niemals zurück, hinterlässt dafür aber zwei Mondbilder in einem Pariser Salon, von denen sich die tieftraurige Cornelia in der Schlussszene abwendet. Als die Liebe in das Leben Gustavs eintritt, heißt es in einem Schlüsselsatz: „Die Liebe ist ein schöner Engel, aber oft ein schöner Todesengel für das gläubige, betrogene Herz!“ Doch am Ende fragt es sich: Wer war hier der Betrogene, wer der Betrüger? Was übrigens das untergründige Hauptthema des „Condor“ anzeigt, das Stifter als veritablen Philosophen ausweist: Was heißt die Welt wahrzunehmen? Je nachdem, wo ich stehe und wer ich bin, sieht alles immer ganz anders aus. Weiterlesen

Pierre Manent (* 1949)

Pierre Manent, La loi naturelle et les droits de l’homme, Paris: puf 2018.

Pierre Manent 2011 (Quelle: http://www.ssf-fr.org/album_56_220.html)

Es gibt weniger Bücher gegen den Strom als man denkt. Zumindest solche, die auch wirklich lesenswert sind. Die Sammlung von sechs Vorträgen im Pariser „Institut Catholique“ von 2017 des bedeutenden Politikwissenschaftlers Pierre Manent (* 1949) gehört zu diesen Büchern, auch wenn, das sei gleich eingeräumt, die Sprache dicht und die Lektüre der 131 Seiten bisweilen etwas anstrengend, da recht abstrakt gehalten ist. Gegen den Strom, das ist seine kraftvolle Verteidigung des Naturgesetzes („loi naturelle“ oder wie wir Deutschen lieber sagen, des Naturrechts) in einer Zeit, wo das Gros der Moraltheologen zumindest rechts des Rheins lieber auf Derrida und Foucauld als auf Aristoteles und Thomas von Aquin zurückgreift. Weiterlesen

Sommerrätsel 2018

Sommerzeit, Lesezeit – gleich ob im Strandkorb, bei der Jause auf einer Almhütte oder im Düsenjet. Darum handelt auch das Sommerrätsel 2018 von Literatur, ebenso wie schon das von 2017. Dieses Mal ist das gesuchte Werk allerdings nicht ganz so dickbäuchig wie vor einem Jahr, sondern eine schlanke Erzählung oder genauer eine Novelle. Bei ihr suchen wir die Vornamen der beiden Hauptpersonen.

Der Rätselstoff

Die Erde geht über der Mondoberfläche auf („Overview Effect“)

Die Novelle kann man als eine Raumfahrergeschichte lesen, auch wenn sie kein Science Fiction ist. An entscheidender Stelle verändert sich durch den wachsenden Abstand und die ungewohnte Perspektive der Blick auf unseren blauen Planeten radikal. Weiterlesen

Reformen der Pfarreienlandschaft – aber wie?

Ein Gespenst geht um in Deutschland: die Radikalreformen der Pfarreienlandschaft. In der „Tagespost“ vom 12. Juli erscheint ein Doppelinterview mit Stephan Ackermann, Bischof von Trier, und mir zu diesem Thema. Ich darf dem Bischof an dieser Stelle für das offene Gespräch herzlich danken. Aus diesem Anlass und zur Vertiefung versuche ich in folgenden Blog in Frage- und Antwort-Form, Orientierung auf diesem schwierigen Feld zu geben. Weiterlesen

Ein Leben des Geistes – Berufsethos für Akademiker

Wozu studiert man eigentlich? Hat vielleicht gar bereits die höheren akademischen Weihen eines Diplom, Magister, Staatsexamen, Bachelor oder Master erhalten? Um dadurch den Traumberuf zu erreichen? Um sich einem Fach zu widmen, das einem Spaß macht und in dem man schon in der Schule gut war? Um später einmal ein gesichertes, angesehenes und nicht zuletzt gut bezahltes Leben führen zu können? Alles gut, aber alles auch zu wenig. Unterm Strich ist das nicht mehr als die Tüte Pommes, um den Hunger zu stillen: ein Mittel zum Zweck. Doch Studium ist – Bildungspolitiker und Finanzminister weghören! – Selbstzweck. Weiterlesen