Zum Gründonnerstag 2019: Benedikt XVI., der Missbrauch und die Eucharistie

Benedikt XVI. hat eindringliche Worte zu den schrecklichen Tatsachen des sexuellen Missbrauchs gefunden.[1] Selten wurde in den letzten Monaten solche Klarheit der Analyse, Tiefgang der Erforschung der Hintergründe und Entschiedenheit der Konsequenzen vorgetragen. Die leider oft unschöne Kritik beruhte auf voreingenommener und oberflächlicher Lektüre. So hat man nicht beachtet, dass der emeritierte Papst keine umfassende Analyse vorlegen wollte, sondern „den einen oder anderen Hinweis zur Hilfe in dieser schweren Stunde“ (75) gab. Die angeführten Gründe verstehen sich nicht als Alternative zu anderen sachgerechten Punkten. Noch weniger hat er der Gesellschaft, näherhin dem 68er-Geist, die Schuld für diese Verbrechen zugeschrieben, um die Kirche von Schuld freizusprechen. Die historischen Überlegungen in I. bemühen sich vielmehr, „den allgemeinen gesellschaftlichen Kontext darzustellen, ohne den das Problem nicht verständlich ist“ (75). Bei der engen Verflechtung von Kirche und Kultur war eine solche Kontextualisierung auch wirklich dringend geboten. Weiterlesen

Kommunion für evangelische Christen in konfessionsverschiedenen Ehen?

Vorweg

Vorweg und geschrieben nach den Reaktionen auf den Brief des designierten Kardinals Ladaria, des Präfekten der Glaubenskongregation, an Kardinal Marx, den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, vom 25. Mai 2018:

  • Rechthaberei ist in theologischen Fragen unangebracht, ganz besonders aber beim Sakrament der Liebe, der Eucharistie. Dankbarkeit aber darf ich empfinden dafür, dass Bedenken, wie sie vor einigen Wochen im Folgenden scheinbar aussichtlos geäußert wurden, vom Nachfolger Petri offensichtlich gewürdigt werden.
  • Ebenso unangebracht ist die zu Tage getretene Verunglimpfung derer , welche die Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz nicht mittragen können. Inzwischen müsste man da ja auch Papst Franziskus selbst einschließen! Gewiss darf man den Vertretern der Mehrheitslinie eine Schrecksekunde zugestehen, Überraschung, vielleicht auch eine menschlich irgendwie nachvollziehbare Enttäuschung. Aber den Kritikern theologische Unkenntnis vorzuwerfen, sie als vorkonziliar abzustempeln oder nun einen dünnhäutigen „Nachruf auf eine unsägliche Entwicklung“ zu verfassen zeugt weder von Klugheit noch von Selbstbeherrschung – aus Respekt verzichte ich auf genauere Belege. Lassen wir sich den Pulverdampf aber einfach verziehen und gießen nicht Öl ins Feuer der ungeordneten Leidenschaften!
  • Eine offenkundige Sackgasse besteht schließlich darin, nun einfach zu sagen: Es gibt längst die Praxis evangelischer Christen, an der katholischen Kommunion teilzunehmen. Schaffen wir dafür nur einen geordneten Rahmen! (Übrigens: Genauso wurde auch die Liberalisierung des § 218 begründet.) Bei dieser Praxis handelt es sich jedoch um einen offenkundigen Missstand, auch wenn sie subjektiv in guter Absicht und gutem Glauben vollzogen wird. Wenn Seelsorger oder die Kirche dagegen nicht einschreiten, ist das oft genug ein Gebot der Klugheit, um Schlimmeres zu vermeiden. Das ist kein „Grauschleier des Unerlaubten, Halberlaubten oder nur Geduldeten“, erst recht keine „Doppelmoral“. Im Gegenteil, es ist heute Teil einer weisen Ausübung von Autorität, zu wissen, wann das offene, prophetische Wort nötig ist und wann das kluge Schweigen.
  • Am 11. Juni nun hatte der Vorsitzende der DBK ein Gespräch mit Papst Franziskus, über das er am 12. Juni eine „Note für den Heiligen Vater“ verfasste (eine „Note“, was für ein schreckliches Deutsch und welche grausame Übersetzung für „nota“/“Notiz“ oder hier „Gesprächsprotokoll“; eine diplomatische Note wird es nicht sein, es sein denn, man verstehe die DBK als diplomatische Vertretung der Bunderegierung… – oder vielleicht ein Freud’scher Versprecher, denn offensichtlich werden da nach allen Seiten Noten verteilt, die Bestnote aber für die DBK reserviert). Wie man es anstellen kann, ein Papier, das kurz zuvor von Kardinal Ladaria im Namen des Papstes als nicht reif zur Veröffentlichung qualifiziert wurde, mit angeblichem päpstlichen Segen nun doch zu veröffentlichen und in einzelnen Bistümern eins zu eins umzusetzen, als wäre es reif zur Anwendung, entzieht sich nun wirklich meinem einfachen Verstand. Wer zuvor gegen die Doppelmoral zu Felde zieht, sollte nicht selbst doppelbödig agieren. Dass mit dieser Aktion die Autorität des Papstes selbst ebenso wie des Präfekten der Glaubenskongregation schwer beschädigt wird, ist jedenfalls für mich ein zu hoher Preis! Was für ein hübsches Präsent zur Kardinalserhebung von Luis Francisco Ladaria Ferrer!

Nun aber zur eigentlichen Orientierungshilfe der Deutschen Bischofskonferenz.

Zur „Orientierungshilfe“ Der Deutschen bischofskonferenz

Es war schon zu erwarten, das Papier der Deutschen Bischofskonferenz zu „Konfessionsverschiedene Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“. Der Vorsitzende der DBK hat sein Erscheinen auf der Pressekonferenz am 22. Februar 2018 in Ingolstadt angekündigt (die folgenden Zitate sind ihr entnommen). Veröffentlicht wurde es dennoch seitdem nicht, sondern bedurfte noch einer letzten Überarbeitung – wohl kein geschicktes, sprich: kein transparentes Vorgehen, da dadurch zwar ein grundlegender Paradigmenwechsel, jedoch keine Details, Begründungen und genaueren Vorgehensweisen bekannt sind.

(Zum Gespräch der deutschen Bischöfe mit den zuständigen römischen Behörden findet sich ein kleines Postscriptum am Ende des Beitrags. – Der inzwischen veröffentlichte Wortlaut der Orientierungshilfe entspricht in allem dem hier Gesagten.)

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Alte Messe – jetzt wieder da!

Eine kleine „nota praevia explicativa“ nach „Traditionis Custodes“ (2021)

Ist mein vor vier Jahren verfasster Blog nach „Traditionis Custodes“ noch aktuell? Ja, vielleicht sogar aktueller denn je. Denn das Bewahren der Tradition ist sein Kernanliegen, und ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass die katholische Kirche dazu auch die lebendige Berührung mit dem Herzstück aller Tradition braucht, der eucharistischen Liturgie.  Ist dem aber nicht jetzt ein Riegel vorgeschoben? Sicher nicht. Denn wie alle Festlegungen rein kirchlichen Rechtes ist auch dieses Motuproprio in rechter Weise zu lesen. Zu einer solchen sachgerechteren Lektüre gehören

  • die großen Prinzipien kirchlicher Rechtsauslegung wie die Beachtung der „mens legislatoris“ (Aussageabsicht, vgl. CIC c. 17) bzw. der „ratio legis“ (Zweck),
  • die Bedeutung der Rezeption – ggf. auch als „non-usus (allgemeine Nichtbeachtung)“ oder „desuetudo (außer Beachtung Fallen)“ – sowie dem Ausbalancieren mit dem Gewohnheitsrecht (vgl. CIC cc. 23-28) -,
  • von Rechtsanwendungsprinzipien wie der „aequitas canonica (kanonische Billigkeit, vgl. CIC c. 19)“ mit ihrem Maßnehmen am Seelenheil,
  • die enge Auslegung von Verboten und
  • nicht zuletzt das Gebot der Wahrung des guten Rufes der Gläubigen (CIC c. 220).

Denn Recht ist in der Kirche immer sinngebunden, es muss darum verstanden und ins Gesamt des Glaubens und der kirchlichen Ordnung integriert werden. Damit stellt es das Gegenteil von striktem Befehl und blindem Gehorsam dar. Dass rein kirchliches Recht auch für den Einzelfall das Gewissen zu einer genauen Prüfung des rechten Vorgehens herausfordert, darf ebenfalls nicht vergessen werden.

Den Sinn von „Traditionis Custodes“ herauszustellen ist nicht schwer, denn Papst Franziskus hat ihn in seinem Begleitbrief unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: die Beendigung des Missbrauchs der alten Messe als Instrument der Kirchenspaltung und der Verweigerung der grundsätzlichen Annahme des II. Vaticanums. Wo dies geschieht, bleibt tatsächlich kein Spielraum für ihre Zelebration. Das hat Papst Benedikt XVI. nicht anders gesehen. Wenn man aber „Traditionis Custodes“ und noch mehr seinen Begleitbrief nicht als eine gewaltige Rufschädigung weiter Kreise von Gläubigen und Priestern auffassen will, die sich nach „Summorum Pontificum“ gebildet haben, so als wären sie alle impertinente Konzilsverweigerer, die die Liturgie als Kampfmittel missbrauchen, und als wären die Priester ichsüchtige Wichtigtuer, die die Gläubigen schamlos für ihre Zwecke einsetzen, dann muss man ganz schlicht sagen: Das Motuproprio trifft einen Großteil der in den letzten Jahren gewachsenen Praxis nicht. (Da haben wir einmal wieder die berühmte Unterscheidung von „quaestio iuris“ und „quaestio facti“.) Deshalb ist eine sogenannte restriktive (einschränkende) Interpretation des Motuproprio geboten, ja unumgänglich. Darum wird seine Rezeption im möglichst vertrauensvollen Miteinander der Bischöfe und der interessierten Gläubigen und Priester entwickelt werden. Wirkliches geistliches Leben aus der Liturgie wird gefördet und nicht verhindert werden. Dabei werden die Oberhirten gewiss Augenmaß und Großmut walten lassen, solange nicht manifeste schismatische Bestrebungen vorliegen.

Vor zehn Jahren hat Papst Benedikt XVI. mit dem Motuproprio „Summorum Pontificum“ die alte Messe wieder zugelassen. Am 7. Juli 2017 war das gerade zehn Jahre her, und das Jubiläum hat viel Aufmerksamkeit erregt. Doch eigentlich noch viel wichtiger ist der 14. September 2007, der Tag nämlich, an dem das Motuproprio in Kraft trat. Seit diesem Tag kann jeder katholische Priester die alte Messe ohne besondere Erlaubnis zelebrieren, und ebenso haben Gruppen von Gläubigen ein Recht auf diese Messe. Weiterlesen

Zum Gründonnerstag

Ratschläge für eine volle Sonntagsmesse (1)

„In Sankt N. musst du mindestens eine Viertelstunde früher dasein, sonst bekommst du nur noch einen Stehplatz.“ Das gibt‘s doch gar nicht! Wo man sonntags auch zur Messe hingeht, es gibt ja doch überall mehr freie als besetzte Plätze!? Das muss nicht sein. Abhilfe lässt sich schaffen. Wie? Sicher nicht durch Programme wie „Kundenorientierung“ und „Qualitätssicherung im Gottesdienst“, auch nicht durch Verlockungen wie Wasserbett statt Holzbank, erst recht nicht durch „Everybody‘s darling…“-Spielen. Aber eben auch nicht durch ein „Weiter so“! Weiterlesen