Bellarmins Großer Katechismus
Mir ist klar, dass ich für mein Heil die christliche Lehre kennen muss. Bitte erklären Sie mir darum diese Lehre!
Robert Bellarmin, Ausführliche Erklärung des christlichen Glaubens. Für den heutigen Gebrauch übersetzt und aufbereitet von Andreas Wollbold, Würzburg 2013
Ist Glaube kompliziert? Muss man dafür dicke Bücher lesen, nur um am Ende zu sagen: Verstanden habe ich immer noch nicht viel? Vor 400 Jahren hat der heilige Robert Bellarmin (1542–1621) seinen großen Katechismus vorgelegt, der das Gegenteil beweist.
Der Jesuit, Kardinal und Kirchenlehrer verfasste ein kleines Meisterwerk, das bis heute nichts von seiner Frische verloren hat. Knapp, klar und klassisch ist, was er zu Glauben, Gebet, Sakramenten und Moral zu sagen hat. Er ergänzt seine Erläuterungen mit Hinweisen auf Stellen der Bibel, der Kirchenväter und der Konzilien. Wer wissen will, was die Kirche im großen Strom der Geschichte geglaubt und gelehrt hat, ist hier an der besten Adresse. Behutsam bereitet diese Ausgabe Bellarmins Katechismus für den heutigen Gebrauch auf. Die Strukturen des Werkes werden hervorgehoben und die Gedankenschritte in Schaubildern zusammengefasst. In der Tradition des Bellarmin’schen Katechismus schließt ein Gebetsteil das Werk ab.
Das Buch hat eine Vorgängerversion: Robert Bellarmin, Katechismen. Glaubensbekenntnis. Vater Unser. Übersetzt und herausgegeben von Andreas Wollbold, Würzburg 2008. Darin findet sich mehr Text, mehr Kommentar und eine Sprache, die enger am Original bleibt.
Leseprobe
Erklärung des zweiten Artikels: „Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn.“
Schüler: Erklären Sie mir jetzt bitte den zweiten Artikel. Was heißt „und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn“?
Lehrer: 1. Gott, der Allmächtige, von dem wir im ersten Artikel gesprochen haben, hat einen wahren Sohn, der seiner Natur entstammt und Jesus Christus heißt.
Damit ihr aber einigermaßen versteht, wie Gott diesen Sohn gezeugt hat, nehmt den Vergleich mit dem Spiegel. Wenn jemand sich in einem Spiegel anschaut, bringt er im gleichen Moment ein Bild von sich selbst hervor, das ihm selbst so ähnlich ist, dass man überhaupt keinen Unterschied feststellen kann, weil es nicht nur im Aussehen, sondern auch in der Bewegung ähnlich ist, so dass sich, wenn der Mensch sich bewegt, auch das Bild bewegt. Und dieses Bild wird nicht mit Mühe, mit Zeitaufwand oder mit einem Werkzeug erzeugt, sondern sofort und durch einen einzigen Blick. So also habt ihr euch zu denken, dass Gott sich selbst mit dem Auge des Verstandes im Spiegel seiner Gottheit anschaut und dabei ein ihm selbst vollkommen gleiches Bild erzeugt. Weil Gott diesem seinem Bild aber sein ganzes Wesen und sein ganzes Sein gegeben hat, wozu wir, wenn wir uns im Spiegel anschauen, nicht in der Lage sind, ist dieses Bild der wahre Sohn Gottes, während unsere Bilder, die wir in den Spiegeln sehen, nicht unsere Kinder sind. Daran müsst ihr begreifen, dass der Sohn Gottes wie der Vater Gott ist und ein und derselbe Gott mit dem Vater, weil er dasselbe Wesen wie der Vater hat.
2. Weiterhin sollt ihr verstehen, dass der Sohn Gottes nicht jünger ist als der Vater, sondern immer war, so wie der Vater immer war, weil er allein dadurch gezeugt wurde, dass Gott sich selbst anschaut, und Gott schaute sich selbst von Ewigkeit her an.
3. Schließlich sollt ihr begreifen, dass der Sohn Gottes nicht mit der Hilfe einer Frau, in einer bestimmten Zeitdauer, unter niedriger fleischlicher Begierde oder unter anderen Unvollkommenheiten gezeugt wurde, weil er wie gesagt allein vom Vater durch den einfachen Blick auf sich selbst vom allerreinsten Auge des göttlichen Verstandes gezeugt wurde.
S: Warum wird dieser Sohn Jesus Christus genannt?
L: Der Name Jesus bedeutet Heiland, und Christus (also sein Beiname) bedeutet Hoherpriester und König aller Könige. Denn wie ich euch bei der Erklärung des Kreuzzeichens sagte, wurde der Sohn Gottes Mensch, um uns mit seinem Blut loszukaufen und uns zum ewigen Heil zu führen.
1. So nahm er, als er Mensch wurde, diesen Namen „Heiland“ an, um zu zeigen, dass er gekommen ist, um uns zu retten.
2. Daraufhin wurde er vom Vater mit dem Titel des höchsten Priesters und des obersten Königs geehrt.
Dies beides bedeutet der Name Christus, und nach ihm heißen wir Christen.
S: Aus welchem Grund nimmt ein Geistlicher in der alten Liturgie seine Kopfbedeckung ab oder verneigt sich, wenn der Name Jesus genannt wird, was bei den anderen Namen Gottes nicht geschieht?
L: 1. Der Grund ist, dass dies der Eigenname des Sohnes Gottes ist, alle anderen Namen aber gemeinsam sind.
2. Außerdem weil dieser Name uns vor Augen führt, wie Gott sich für uns erniedrigt hat, indem er Mensch geworden ist. Darum verneigen wir uns aus Dankbarkeit vor ihm.
Doch nicht nur wir Menschen, sondern auch die Engel des Himmels und die Dämonen der Hölle verneigen sich vor diesem Namen, die einen aus Liebe, die anderen gezwungen. Denn Gott wollte, dass alle vernunftbegabten Geschöpfe sich vor seinem Sohn verneigen, weil dieser sich aus Liebe zu uns erniedrigt hat bis zum Tod am Kreuz.
S: Warum heißt es, dass Jesus Christus unser Herr ist?
L: 1. Weil er uns gemeinsam mit dem Vater erschaffen hat, ist er unser Gebieter und Herr ebenso wie der Vater.
2. Darüber hinaus hat er uns noch mit seiner Mühsal und seinen Leiden aus der Gefangenschaft des Teufels befreit, wie wir gleich erläutern werden.
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[…] ist 3. Oktober 2018 um 24 Uhr. Unter den richtigen Einsendern werden drei Bücher Robert Bellarmin, Ausführliche Erklärung des christlichen Glaubens, verlost. Der Rechtsweg ist wie immer […]
[…] Christus wollte in den 40 Tagen nach Ostern „mit vielen und ganz unterschiedlichen Erscheinungen das Geheimnis seiner wahren Auferstehung bekräftigen. Denn dieses Geheimnis ist das, was gewissermaßen am schwersten zu glauben ist, und wenn man das glaubt, hat man keine Probleme mehr, die anderen Geheimnisse auch zu glauben“ (Robert Bellarmin) […]
[…] mich rüsten und mir selbst erst einmal klarwerden über so manches. Ein gutes Glaubensbuch, ein Katechismus ist da Gold wert. Ergänzend kann man natürlich auch ein paar richtig gute Seiten im Internet […]
[…] Robert Bellarmin, Ausführliche Erklärung des christlichen Glaubens – einer der hellsten Köpfe der katholischen Theologie, beinahe allwissend in Bibel, Kirchenvätern und Scholastik, hat das Wunder vollbracht, Glauben, Gebet, Moral und Sakramente einfach, ansprechend und nachvollziehbar zu erklären […]
[…] Thomas von Aquin und Robert Bellarmin wäre eine ganze Welt zu schreiben. Vom Aquinaten erwähne ich nur die Askese der Sachlichkeit: […]
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